Das Tour de Fair-Tagebuch in Reimform

31.7.17
 
Vom Masch-See aus gilt es zu finden
Den Allerweltsladen in Linden
- Ortsteil Hannovers seit 1907 –
Den die Betreuer schon sehr lieben!
Am Straßenrand in Reih und Glied
Parken die Räder, dass ein jeder sieht:
Hier startet heut die Tour de fair.
(und jedes Jahr werd’ns immer mehr.)
 
Im Hof entstehen beim Warten
Viele, viele Deutschland-Karten:
Jeder schreibt den Ort, den Namen,
So weiß man gleich, woher wir kamen.
 
Kuchen gibt’s und feine Pasten,
Mangosaft und nichts zum Fasten.
Hier gibt’s den Laden seit 13 Jahren,
Nachdem sie lang woanders waren.
 
Der Tross begibt sich in die Stadt
Wo es Öko-Textilien hat.
Greenality ist schon profiliert
Indem es öko und fair kombiniert!
 
Es geht zum Masch-See – ohne Berge –
Zum Schlafen in der Jugendherberge
Im 4.Stock, sonst eher leer
Dafür macht man sich’s selber schwer:
Die Handtuchleihe fordert Pfand,
Auch wenn das Handtuch dann verschwand,
Denn Geld zurück gibt’s für den Bon
Es gilt: wen interessiert das schon?
 
Vier Männer unter einem Dach
Und – egal, wie ich’s auch mach –
Der Bettbezug verweigert sich.
Das Oberbett bezieht sich nicht …
Da hilft kein Fluchen, auch kein Flehen,
Zu zweit gelingt es dann im Stehen J
Zum Duschen bleiben zehn Minuten.
So muss man sich dann auch noch sputen!
 
Erneut geht es zum Ortsteil Linden,
Ins Restaurant, es heißt GiG Linden.
Wir tummeln uns am Platz im Freien
Um a la carte uns zu erfreuen.
Das erste Weizen – Super-GAU –
Wartet noch auf den Getreideabbau;
Als dann die Lippe langsam bröckelt,
Kommt die Bedienung angestöckelt
Und fragt dann wirklich sehr, sehr nett,
Wer gerne was zum Essen hätt‘.
Es geht heut alles nicht so schnell …
(Der Koch, er arbeitet sequenziell)
Um neun Uhr vierzig (ja, p.m.)
Fängt dann der letzte an zu schlemm‘.
 
Es folgt die Bitte – ganz humorlos
Gleich hineinzugehen. Was für ein Vorstoß!?!
Denn Lärm ab zehn – sie wissen schon …
(Die Situation spricht sich selbst Hohn)
 
Fast ist es wie in großer Not,
Wie Vier Mann in einem Boot!
Ein jeder nimmt sein Bett ganz brav
Und freut sich auf ein wenig Schlaf.
 
Der Schutz vor den Geräuschgespenstern
Ist schon gelöst: mit Lärmschutzfenstern!
Bei 30 Grad reißen wir sie auf
Gleich oberhalb vom Rangierbahnhauf.
So kämpft man beim Einschlafen schon
Mit 60 oder 70 Phon.
(Gemessen wird in solchen Archen
noch ohne permanentes Schnarchen …J)
 
 
1.8.17
 
Zum Frühstücksraum gleich an der Leine
Machen wir uns auf die Beine.
 
Um acht Uhr dreißig woll’n wir starten,
Indem wir erst ein wenig warten.
Zum Weg heraus aus großer Stadt
Stoppen wir im Kilometertakt.
Nach einer Stunde Stopp/Gezeter
Hab’n wir dann schon acht Kilometer.
Da ist kein Grund, lautstark zu Grollen,
So langsam kommt der Zug ins Rollen.
 
‘Ne Stunde später als nach Plan
Kommen wir bei Globo an.
Der Himmel ist erstaunt so bass
Und schickt uns eine Ladung Nass.
Was uns an Globo fasziniert.
Wie sich sein Gründer engagiert.
Fairtrade trieb ihn zu Zeiten an,
Da krähte sonst danach kein Hahn.
Jahrzehnte brauchte es bis zur Million
Und manchen Deal für Gottes Lohn.
 
In Memoriam der Grill,
Salat so viel und gut man will -
Im Lager lässt es sich fein speisen.
Gestärkt kann man dann weiterreisen.
 
Die Zeit beschränkt den Weltladenbesuch,
- Da ist auch einer wohl genug -
Der Pulk begibt sich nach Stadthagen,
einer kleiner Rest nach Barsingshagen.
 
Statt Bundesstraße (B65) gibt es Regen
Manchem kommt Zugfahren da gelegen.
So kommen wir in kleinen Meuten
Erst in Hannover zu den andern Leuten.
 
Am Rande sei hier noch erwähnt,
Wie Hochwasser sich ausgedehnt,
Wir queren nah am Fluss ‘nen Weg,
Da steht das Wasser überm Dreck.
Wir waten durch spektakulär,
So was vergessen wir nie mehr!
 
Da kann man’s Essen kaum erwarten
Im nahgeleg’nen Bieregarten.
Alles ist bayerisch angehaucht
Ein jeder füllt sich seinen Bauch.
 
 
 
2.8.17
 
Zum Hochwasser kommt nun die Ente:
Um 11:00 Uhr seien wir bei „El Puente“!?
Die Leine braucht mehr als ihr Bett,
Und Bundesstraße ist ja auch ganz nett …
Dazu gelegentlich Debatten,
Ob wir den besten Weg auch hatten.
Zur Friedhofspause entfährt fromm
Dem Gerhard dann bezeichnend „Ommm!“,
 
Bei El Puente –Niederstemmen
Freu‘n sich alle schon aufs Schlemmen.
Kantine bietet - alles fair-
Dazu auch etwas Weltladen-Flair.
Eier/Kartoffeln, Schlegel/Reis,
Dann sitzen wir im großen Kreis,
Erfahren dort vom großen Wandel,
Der bevorsteht bald im Handel:
Online wird Marktmacht konzentrieren
Und den Verkauf revolutionieren.
 
Kaffee in Säcken, Hochregalen,
Artikel: 5000 (in Zahlen).
Lebensmittel, Nonfood, ja von allem,
So kämpfen wir uns durch die Hallen.
 
Dann führt uns der nächste Reim
Direkt zur City Hildesheim.
Vor dem Laden – Fußgängerzone –
Empfängt uns die El-Puente-Ikone
Richard Bruns. (Uns erfreut’s!)
Er erhielt das Bundesverdienstkreuz.
Und strahlt das gewisse Etwas aus.
Wir stürzen uns erst auf den Schmaus,
Trinken muss man gar nicht suchen,
Kaffee gibt’s und guten Kuchen;
Erst mal auf die Bierbank setzen
Bevor wir zur Stadtführung hetzen.
 
Die übernimmt Richard dann persönlich.
Macht Konfession gar unversöhnlich?
St.Michael – der Dom?
Was macht mehr her? – Wer weiß das schon?
Die Diskussion ist 1000 Jahr alt
Doch lässt sie heute manchen kalt …
Der Dom belegt’s mit Bernwards Tür
Und Richard Bruns dafür Gespür.
 
Noch mehr erhitzt dann wohl die Seelen
Der Richter - weil die Biere fehlen
Beim Apotheker, welcher klagt,
Dass sich zwei Esel ungefragt
In seinen Keller einst begaben,
Um sich am Biergenuss zu laben.
Sie tanzten Ihre Laune aus
Vor des Apothekers Haus.
„Wenn sie nicht sitzen, sondern stehen,
Muss das zu Lasten des Apothekers gehen.“
 
Das opulente Buffet beim Chinesen
ist noch bemerkenswert gewesen.
Zur Jugendherberge ging‘s bergauf,
Mein Gott, was haben wir geschnauft …
 
Im Tagungsraum haben sich entfacht
Gespräche bis nach Mitternacht
Und jeder kippt so in sich rein
Die Nüsse, Bier oder auch Wein.
 
 
 
3.8.17
 
Nach einer Stunde geht’s vom Start
Des Frühstücks rauf aufs Rad.
Bei leichtem Nieseln geht es munter
Erneut nach Hildesheim hinunter.
Zurück zur Leine – Niederstemmen
Braun ist‘s noch von der Überschwemmung.
 
Mit Regenjacke, mal auch nicht,
Je nachdem, was Petrus spricht
Geht’s vorwärts – Sensation:
Jetzt sind es 17 Kilometer (pro Stunde) schon.
Vor Alfeld stoppen alle kurz
Nach Jochens spektakulärem Sturz.
Im Ort folgt dann ein Boxenstopp
Beim Bäcker- oder Metzgershop.
 
Doch weit die Strecke – was ist bloß
Mit der Gemeinsamkeit hier los?
Es folgt ein Ausstieg nach dem andern
Statt alles mit dem Rad zu wandern.
 
Erst Kreiensen, danach dann Einbeck,
Und auch in Northeim sind ein paar weg.
Der Weltladen am Ort hat zu.
Und Michael und Jochen sind im Nu
Von allen anderen verlassen –
So kann man auch den Anschluss verpassen.
 
Als letzte kommen sie nach Gö
Zur allerletzten Tasse Tee.
So viele Kilometer in den Waden
Und noch ein Fotoshooting vor dem Laden.
 
Es gibt so was wie einen Zwang.
Auch hier ist die JH am Hang …
Zum Essen geht‘s erneut hinab
Zum Wochenmarkt, ‘s Lokal heißt ZAK.
Wer weiß, wie weit wir heut noch kämen?
Auf jeden Fall fließt Bier - in Strömen.
Wirklich niemand hört man zetern,
Belohnt wird ja mit Höhenmetern.
 
 
4.8.17
 
Am Morgen führen uns die Pedale
Direkt zu Contigo – zur Zentrale.
Ingo Herbst hat’s einst gegründet,
Damit er eine Lösung findet
Wie Menschen auch in Übersee
Besser leben. Die Idee:
Fairer Handel bringt die Kunst
Direkt von Ihnen bis zu uns.
 
Ralph Wüstefeld hat dann erläutert
Weshalb – der eine oder and‘re meutert –
Politische Arbeit (=WFTO) insbesond’re
Wird von Contigo nicht gesponsert.
Wir lernen: Der Einheitsweg ist nicht geteert,
Hauptsache Fair Trade gibt’s vermehrt!
 
Hier ist das Ziel: Für jede Stadt,
Die mehr als 100.000 Einwohner hat,
Ein Angebot zu machen, wirklich top
Mit einem Contigo-Shop.
Denn was sie tun, ist wirklich viel:
Ein jeder Laden trägt bei zum Ziel.
 
Ums zu sehen, geht’s im Galopp
Zum Contigo fair trade shop.
Die Dame (Antje Pyka), die uns dort begrüßt,
Persönlich uns den Kaffee süßt.
Alles schick und aufgeräumt -
Davon manch Weltladen wohl träumt.
 
Zum Bahnhof radelt dann ein jeder
Zur Verladung der Räder.
Für manchen ist’s wohl zu viel Schmarz
Per Rad nach Goslar durch den Harz…
 
Das El-Puente-Auto steht bereit.
Doch obwohl der Parkplatz weit und breit
Genügend Plätze offeriert,
Hat so ein Depp sich so postiert,
Dass beladen schwierig ist.
Local Sheriff – so ein Mist!
Rund hundert Euro will er fordern
Und wir ihn zügig wegbeordern
Ihm geht es um „Gerechtigkeit“
Und uns mehr um Verladezeit!
 
Drei Räder fahren letztlich Zug,
Die ander’n fanden Platz genug.
Hätte die Bahn Platz offeriert,
Wär das wohl gar nicht erst passiert …
 
In Goslar kurz vor halbe drei
Am Hotel Achtermann vorbei
Begeben wir uns dann zum Laden.
Dort – es ist wie ein roter Faden –
Wird Lamentiert: „Wir sind so klein!“,
„Und keiner will hier bei uns sein!“
Man denkt: „Wir alt, die Kundschaft knapp
→ Mit Weltläden geht es bergab.“
Die Mühe groß, am Schmalzaufstrich
Liegt die Malaise wirklich nicht.
Es wird gespart: Geringe Mieten,
Nur „weiße“ Brötchen anzubieten.
Der Platz ist schön, doch sehr am Rand -
Da liegt es klar doch auf der Hand,
Da, wo die Touristen flanieren,
Kann man auch Umsatz generieren.
Doch letztlich fehlt vor allem Mut
Und dann auch einer, der es tut!
 
Der Stadtführer – um 1700 –
Mit seines Genitivs verwundert.
Kaufmann mit dreieckigem Hut
Stellt an den Pranger den Hartmut
Der steht beim Dukatenkacker
Und macht sich tunlichst schnell vom Acker.
Zu dieser Zeit, da braut man hier
Vorzugsweise Gose-Bier.
 
Es folgt – phänomenal –
Ein Aufstieg aus dem Oker Tal.
Hinauf, vorbei an der JH
Zum Meltermeister – sonnenklar.
Nebst Tanz und Hochzeit sitzen wir
Bei einem edlen Weizenbier
Und genießen dieses Glück,
Essen, Panoramablick.
 
Die Jugendherberge ist recht eng,
Da riecht es dann schon auch mal streng.
Belegtes Bett – kurzes Gezeter
Als Kuckuck outet sich der Peter.
Schwerlich hat’s Hartmut ihm verziehen,
Er musste noch ein Bett beziehen.
Peter zog aus – was für ein Hohn –
Morgens um fünf bei siebzig Phon.
Und suchte sich ein and’res Bett.
(Manchmal ist Einsamkeit ganz nett.)
 
 
5.8.17
 
Frühauf zum Bergwerk – heute nur
Wichtiges Erbe der Weltkultur.
Man findet hier in alten Minen
Ganz gewaltige Maschinen;
Und auch beeindruckende Geschichten
Kann man im Museum sichten.
 
Der trübe Himmel passt dazu:
Einzelne Tropfen mutier‘n zu Reg’n im Nu.
Der wird zu treuester Begleitung
Und ignoriert die Schutzbekleidung.
Jeder wird – bei allem Spaß –
Vor allem eins: durch und durch nass!
 
In Börßum ist schon Ladenschluss,
Doch seh’n die Damen den Verdruss.
Ihnen ist’s nicht einerlei,
So plündern wir die Bäckerei
 
Triefnass komm’n wir nach Wolfenbüttel(n)
Und müssen uns zunächst mal schütteln,
Weil immer noch der Regen fällt,
Genießen wir unterm Party-Zelt
Salate, Kuchen und Kaffee
Oder, wer mag, auch heißen Tee.
 
Der Autor der illustren Zeilen
Musste noch kurz im Flur verweilen,
Um seine Socken auszuwringen
Und, um es auf den Punkt zu bringen,
Die gesamten Wassermassen
Hätten gefüllt zwei Kaffeetassen.
 
Frisch bekleidet geht’s g’radaus
Durch die Stadt bis zum Rathaus
Dort empfängt uns wenig später
Der Bürgermeisterstellvertreter
Rainer Bosse: „Woll’n mal schauen,
Vielleicht wird W. jetzt fair-trade-town.“
(Da hab’n wir wieder viel erreicht:
Nix geht über ein [entschiedenes] „Vielleicht“)
 
Im Jugendgästehaus der Akademee
Für Musik steh’n im Foyer
Fast dreißig Räder aufgereiht.
Zum Finale der Tour de Fair bereit.
 
Das Angebot, bis sechs zu warten,
Um mit der Stadtführung zu starten,
Führt – so hat das Charme –
Meist direkt in Morpheus Arme!
 
Jägermeister ist bekannt
Für seinen Kräuterschnaps im Land,
Doch hat die Stadt auch’s Privileg
Der ältesten Bibliothek.
Leibniz und Lessing das sind Namen
Die nach Wolfenbüttel kamen.
Lessing war dann bloß
Fünf Jahr allein im großen Schloss.
Es starben Frau und Kind ganz leise
Da dichtete er „Nathan der Weise“
 
Apropos Lessing – jetzt mal Martin,
Wir feierten ihn mit Pizza-Partien,
Mit Geschenken und noch mehr,
Dazu der Rap der Tour de Fair:
Von Barbara gekonnt kreiert
Mit allen schließlich aufgeführt.
 
 
 
6.8.17
 
Wiewohl man sich nach Braunschweig sputet,
Der Weg ist mancherorts geflutet;
Trotz Umkehr und Wegkorrektur,
Erreichen wir das Ziel der Tour.
 
Zum Frühstück auf dem Magni-Fest
Ein jeder sich gern niederlässt.
Mit Andacht auf dem Kirchen-Platz
Und etwas Klarinetten-Jazz.
 
Und den Beteiligten der Tour de Fair
Fällt der Abschied besonders schwer.
Viel gesehen, viel gehört –
Die Tour de Fair, die war es wert!
 
Jochen